|
Avishai Cohen: Pressestimmen
Neue Ruhr Zeitung, Dienstag, 6.
November 2007
"Wenn der Jazz den Tango rockt"
Bertold Klostermann
Bass erstaunt in Leverkusen mit Avishai Cohen und Marcus Miller, Gary
Burton und Richard Galliano duettieren sich.
LEVERKUSEN.
"All That Jazz", darunter lässt sich nun wirklich alles
fassen. Bei den Leverkusener Jazztagen, die noch bis Ende der Woche dauern,
fiel ein Abend unter diesem Motto ausgesprochen tangolastig aus. Dazwischen
versteckte sich ein Hoffnungsträger der gegenwärtigen Jazzszene,
der israelische Kontrabassist Avishai Cohen.
Avishai
Cohen
Vor zehn Jahren machte er von sich reden, als Tastenstar Chick Corea
ihn in seine Bands holte. Seit einiger Zeit ist Cohen in eigener Sache
unterwegs und gerade dabei, im Trio die großen Bühnen zu erobern
- wie in Leverkusen, wo er letztes Jahr noch im winzigen Jazzclub "Topos"
gastierte. Eigentlich ein an E- und Kontrabass gleichermaßen begnadeter
Virtuose, beschränkte er sich jetzt auf den Kontrabass, den er mal
singen lässt, mal wie ein Percussion-Instrument mit den Händen
schlägt. Die Musik, mit Folk- und Nahost-Elementen, stammt aus Cohens
Feder und ist deutlich vom Bass aus organisiert. Der steht im Mittelpunkt,
ihm gehören die meisten Solos.
Doch just wenn es droht, aufdringlich zu werden, nimmt der Bandleader
sich zurück und tritt ins Glied. Bei aller Virtuosität geht
es hier nicht ums Abfackeln solistischer Feuerwerke, sondern um ein filigranes
Gewebe von höchster Energie und Dichte. Pianist Shai Maestro spielt,
statt den Maestro rauszukehren, sich wiederholende Patterns, und Drummer
Mark Giuliana knüpft im Zusammenwirken mit dem Bass das Netz
eng. Der Joker des Trios ist die Rhythmusgruppe - welche als Zugabe ein
grooviges "Come Together" anstimmte, ohne Klavier, aber mit
gestrichenem Bass.
Rhythmus, Charme und Clownerie
Für Tango und viel mehr standen gleich zwei Gruppen. Quadro Nuevo,
die binnen kurzem zu Publikumslieblingen aufgestiegen sind, gaben sich
in bewährter Manier als Quartett von Wunschschwiegersöhnen.
Mit Charme, Witz und einem Musikantentum, das vor clownesken Einlagen
nicht zurückschreckte, spielten sie sich durch die absoluten Evergreens
aus Tango ("El choclo"), Jazzschlager ("Petite fleur"),
Samba ("Orfeo negro") und Klassik ("Sabre Dance").
Durchaus pfiffig arrangiert, doch wer's einmal gehört hat, ist vor
Überraschungen gefeit.
Nicht so beim Zusammentreffen von Richard Galliano (Akkordeon) und Gary
Burton (Vibrafon) vor einer versierten Rhythmusgruppe. Die beiden verbindet
ihre einstige Bekanntschaft mit dem vor 15 Jahren verstorbenen Tango-Erneuerer
Astor Piazzolla sowie die Vertrautheit mit dessen Musik. Doch beide sind
auch Improvisatoren, deren Musik im Fluss ist und immer neue Seiten zeigt.
Vom Piazzolla-Klassiker "Libertango" aus schlugen sie einen
Bogen über Musette- und Jazz-Walzer bis zu J.S. Bach und Edith Piaf,
um wieder zu dem Argentinier zurückzukommen ("Triunfal").
Galliano biegt und quetscht den Ton seines Knopfakkordeons wie ein Bläser,
von Burton auf vier Schlegeln luftig und harmonisch offen umklöppelt.
Zwei Meister, die sich gefunden haben. (NRZ)
Avishai Cohen im Fono Forum 2/2010
(Klicken Sie auf die Icons für eine Vollbildansicht)
Text: Berthold Klostermann
Pressestimmen zu „Aurora“
"Struktur
und Emotion sind für den israelischen Bassisten, Pianisten, Sänger
und Komponisten Avishai Cohen Schlüsselwörter. Seine Musik ist
eine kunstvolle Mixtur aus Jazz, Klassik und Folklore [...]"
Klaus Mümpfer, Jazz Podium 05 / 09
"Jazz
- Der israelische Bassist Avishai Coheer und sein Quintett gastieren mit
melancholischen und eingängigen Liedern in der Stadthalle."
Ulfert Goemann, Rüsselsheimer Echo 31.3.09
"[...]
Cohen spielt seinen Kontrabass oftmals percussiv, klopft mit Handballen
und Fingern auf dem Korpus. während die rechte Hand ostinate Akkorde
greift [...]"
Klaus Mümpfer, Main Spitze 31.3.09
Jüdische Allgemeine Nr. 17/09 | 23. April 2009
soundcheck: Jazz zum Mitsingen:
Avishai Cohens erstes israelisches Album
Beim JazzFest Berlin im November 2008 hatte der Bassist Avishai Cohen
angekündigt, bald ein Album mit Songs aus Israel aufzunehmen. An diesem
24. April, nur fünf Monate später – im Musikgeschäft kommt das Lichtgeschwindigkeit
gleich – erscheint die versprochene CD "Aurora".
Und das nicht irgendwo, sondern beim altehrwürdigen Jazz-Label Blue Note,
was für einen Jazzer dem Ritterschlag gleichkommt. Avishai Cohen spielt
auf der CD nicht nur sein Instrument, er singt auch. Nun ist Cohen unbestritten
einer der führenden Jazzbassisten der Welt. Aber ein Caruso ist er nicht.
Sein Gesang hat etwas Semiprofessionelles, was Cohen auch offen zugibt:
„Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, meine Stimme zu lieben und anzunehmen.
Singen ist für mich sowohl in technischer als auch emotionaler Hinsicht
eine große Herausforderung.“
Vielleicht ist aber auch es gerade diese „dilettantische“ Herangehensweise,
die Cohens Interpretationen ihre besondere Qualität liefert. Der Jazzer
schafft es, oft Gehörtes emotional berührend, aber ohne Kitsch rüberzubringen.
Das Album enthält zwölf Lieder aus Israel, die ebenso vielfältig sind
wie das Land selbst. Da gibt es sefardische Nummern wie Morenika und den
Ladino-Evergreen Noches Noches. Hebräisches wie der Folkklassiker El Hatzipor,
verfasst von keinem Geringeren als dem Schöpfer des modernen Hebräisch,
Chaim Nachman Bialik, steht neben Selbstkomponiertem aus Cohens eigener
Feder wie Leolam, Shir Preda oder Alon Basela. Last not least gibt es
Stücke auf Englisch wie Winter Song, ein waschechtes Liebeslied.
Begleitet wird Cohen von dem Pianisten Shai Maestro, dem jungen Percussionisten
Itamar Doari, dem Oud-Spieler Amos Hoffmann und der Sängerin Karen Malka.
Dieses Quintett findet zu einem derart virtuosen Zusammenspiel, dass sie
fast mehr wie eine verschworene Bruderschaft wirken denn wie eine gewöhnliche
Band. Avishai Cohen wurde 1971 in Naharia geboren. 1992 ging er in die
USA, wo er mit Brad Mehldau, Danilo Perez und Chick Corea spielte.
Über die Jahre hat sich Cohen auch als Solokünstler durchgesetzt. Zehn
Alben unter seinem Namen sind erschienen. Das Magazin Downbeat, die Bibel
der Szene, nannte Cohen einen „Jazzvisionär von globalem Ausmaß“. Global
deshalb, weil seine Musik afroamerikanischen oder europäischen Jazz miteinander
versöhnt und um volksmusikalische Elemente bereichert. Und jetzt ergänzt
noch um die hebräischen Aspekte. Für Fans der Livemusik aus dem südwestdeutschen
Raum noch ein Tipp: Avishai Cohen tritt am 24. April in Friedrichshafen
am Bodensee zu seinem einzigen Deutschlandkonzert auf.
Jonathan Scheiner
Pressestimmen zu „Gently Disturbed“
"[...]
Das Avishai Cohen Trio ist anders als die anderen. Einer der Gründe
mag sein, dass hier der Leiter einmal nicht auf dem Klavierhocker sitzt.
[...]"
Karsten Mützelfeld, Jazzthing 09/2008
"[...]
Obwohl durchweg temporeich gespielt, wirken die Kompositionen nie hektisch
[...]"
Tom Fuchs, Stereo 09/2008
"[...]
So eng, wie die kompositorischen Elemente
miteinander verzahnt werden, sind die Musiker
miteinander verbunden: kein lockererDreier, sondern
eine stabile Dreierkette. [...]"
Karsten Mützelfeld, Jazzzeit 09/2008
"[...]
Der israelische Bassist vermag selbst einfache Melodien in einer bunt
schillernden Vielfalt zu variieren [...]"
Tom Fuchs, Fono Forum 09/2008
„ … Avishai Cohen hingegen hat es durch Engagements bei Alicia
Keys und den Granden des Jazz geschafft, mit seiner eigenen Musik Beachtung
zu finden. In seinem Klaviertrio mischt er lustvoll nahöstliche und
klassische Elemente mit Latin und Jazz. Die raffinierten Eigenkompositionen
zeugen von hohen kompositorischen Fähigkeiten und Witz (z.B. „The
Ever Evolving Etude“). Dennoch ist diese Musik alles andere als
verkopft. Nach schöner jüdischer Tradition will Cohens lebensfrohe
Musik auch unterhalten und bricht romantisch-melancholische Passagen durch
ironische Untertöne. Dem zuzuhören macht einfach Spaß.“
Financial Times Deutschland, 22.08.2008
„In der Musik von Avishai Cohen spielen Struktur und Improvisation
eine gleichermaßen große Rolle. Der israelische Bassist vermag
selbst einfach Melodien und Phrasen in einer bunt schillernden Vielfalt
zu präsentieren und in einer perfekt aufeinander abgestimmten kleinen
Besetzung zu einer Fülle von Ausdrucksmöglichkeiten zu gelangen…“
- *****
Fono Forum (09-2008)
„Als ob Klavierspieler nur bis drei zählen können: Wohin
man hört – Piano Trios. Laut Presseinfos handelt es sich bei
allen um wahrhaft flotte Dreier, die sich von Evans und Jarrett emanzipiert,
dabei Stenson und Svensson, Hancock und Simcock, Kühn und Kuhn, Mehldau
und Moran hinter sich gelassen und das Genre vitalisiert, revolutioniert,
ja neu definiert haben. Schließlich gilt: Wer im Heer der Triumvirate
erkannt werden möchte, muss Eigenes bieten. Ob das gelingt entscheidet
gottlob nicht ein Waschzettel. Das Avishai Cohen Trio ist anders als alle
anderen…“
Jazz Thing # 75 (Feature, 1 Seite, S. 50)
„…Obwohl durchweg temporeich gespielt, wirken die elf Kompositionen
nie hektisch, nicht zuletzt dank Cohens ungemein singender Spielweise
auf dem Kontrabass.“ – *****
Stereo 09/2009
„Wer ihn live erlebte, der weiß, was für ein ausdrucksstarker
Bassist er ist. Auch als Komponist melodisch ungemein versiert, glänzt
der Israeli hier mit elf packenden Tracks. Dicht und intensiv in harmonischer
Trias mit Shai Maestro (Piano) und Mark Giuliana (Drums) entwickelt er
fesselnde Klangbilder, deren subtile Eleganz unmittelbar berührt.
Auch wenn manches an e.s.t. erinnert, überzeugt dieses prächtig
swingende Trio durch feine Spritzigkeit.“
Stereoplay (09-2008)
Neue Ruhr Zeitung, Dienstag, 6.
November 2007
"Wenn der Jazz den Tango rockt"
Bertold Klostermann
Bass erstaunt in Leverkusen mit Avishai Cohen und Marcus Miller, Gary
Burton und Richard Galliano duettieren sich.
LEVERKUSEN.
"All That Jazz", darunter lässt sich nun wirklich alles
fassen. Bei den Leverkusener Jazztagen, die noch bis Ende der Woche dauern,
fiel ein Abend unter diesem Motto ausgesprochen tangolastig aus. Dazwischen
versteckte sich ein Hoffnungsträger der gegenwärtigen Jazzszene,
der israelische Kontrabassist Avishai Cohen.
Vor zehn Jahren machte er von sich reden, als Tastenstar Chick Corea
ihn in seine Bands holte. Seit einiger Zeit ist Cohen in eigener Sache
unterwegs und gerade dabei, im Trio die großen Bühnen zu erobern
- wie in Leverkusen, wo er letztes Jahr noch im winzigen Jazzclub "Topos"
gastierte. Eigentlich ein an E- und Kontrabass gleichermaßen begnadeter
Virtuose, beschränkte er sich jetzt auf den Kontrabass, den er mal
singen lässt, mal wie ein Percussion-Instrument mit den Händen
schlägt. Die Musik, mit Folk- und Nahost-Elementen, stammt aus Cohens
Feder und ist deutlich vom Bass aus organisiert. Der steht im Mittelpunkt,
ihm gehören die meisten Solos.
Doch just wenn es droht, aufdringlich zu werden, nimmt der Bandleader
sich zurück und tritt ins Glied. Bei aller Virtuosität geht
es hier nicht ums Abfackeln solistischer Feuerwerke, sondern um ein filigranes
Gewebe von höchster Energie und Dichte. Pianist Shai Maestro spielt,
statt den Maestro rauszukehren, sich wiederholende Patterns, und Drummer
Mark Giuliana knüpft im Zusammenwirken mit dem Bass das Netz
eng. Der Joker des Trios ist die Rhythmusgruppe - welche als Zugabe ein
grooviges "Come Together" anstimmte, ohne Klavier, aber mit
gestrichenem Bass.
Rhythmus, Charme und Clownerie
Für Tango und viel mehr standen gleich zwei Gruppen. Quadro Nuevo,
die binnen kurzem zu Publikumslieblingen aufgestiegen sind, gaben sich
in bewährter Manier als Quartett von Wunschschwiegersöhnen.
Mit Charme, Witz und einem Musikantentum, das vor clownesken Einlagen
nicht zurückschreckte, spielten sie sich durch die absoluten Evergreens
aus Tango ("El choclo"), Jazzschlager ("Petite fleur"),
Samba ("Orfeo negro") und Klassik ("Sabre Dance").
Durchaus pfiffig arrangiert, doch wer's einmal gehört hat, ist vor
Überraschungen gefeit.
Nicht so beim Zusammentreffen von Richard Galliano (Akkordeon)
und Gary Burton (Vibrafon) vor einer versierten Rhythmusgruppe.
Die beiden verbindet ihre einstige Bekanntschaft mit dem vor 15 Jahren
verstorbenen Tango-Erneuerer Astor Piazzolla sowie die Vertrautheit
mit dessen Musik. Doch beide sind auch Improvisatoren, deren Musik im
Fluss ist und immer neue Seiten zeigt. Vom Piazzolla-Klassiker "Libertango"
aus schlugen sie einen Bogen über Musette- und Jazz-Walzer bis zu
J.S. Bach und Edith Piaf, um wieder zu dem Argentinier zurückzukommen
("Triunfal"). Galliano biegt und quetscht den Ton seines Knopfakkordeons
wie ein Bläser, von Burton auf vier Schlegeln luftig und harmonisch
offen umklöppelt. Zwei Meister, die sich gefunden haben.
Bertold Klostermann, NRZ
Mit
der Formel "Er überrascht den Bass" hat ein Radiomoderator
das Phänomen Avishai Cohen auf den Punkt zu bringen versucht. Kann
der israelische Bassist, der mit Chick Coreas Band Origin bekannt wurde,
tatsächlich als "Jazzvisionär von globaler Dimension"
(Downbeat) gelten?
Klaus von Seckendorff, Jazzthetik, Juli 2007
14.3.2008: Jazzfacts (Deutschlandfunk)
LEIDENSCHAFT UND MATHEMATIK
Ein Porträt des Bassisten und Komponisten Avishai Cohen.
Von Karsten Mützelfeldt
Der israelische Bassist, der acht Jahre lang Chick Corea begleitete,
hat 2004 New York verlassen und ist in seine Heimat zurückgekehrt.
Avishai Cohen stammt aus einer Familie mit sephardischen Vorfahren und
multikulturellem Hintergrund: Allein seine Eltern vereinen Wurzeln aus
der Türkei, Griechenland, Tschechien und Polen. Heute in Tel Aviv
lebend, fühlt sich der 37-Jährige verstärkt seinem kulturellen
Erbe verpflichtet. So hat er jüngst ein Vokalprojekt in hebräischer
Sprache aufgenommen. Seine Musik ist ein Amalgam aus Jazz, Einflüssen
aus Klassik und Balkan-Folklore, der Volkmusik des Nahen Ostens und Nordafrikas
sowie Elementen aus Latin, Blues und Funk. Eine Seite seines Schaffens
ist in letzter Zeit in den Rezeptionsschatten seines virtuosen Bassspiels
geraten: der Pianist Avishai Cohen.
Wenn der amerikanische Jazzfotograf Patrick Hinely über seine Arbeit
spricht, dann auch über jene erhofften Momente, wenn „das Geometrische
und das Poetische zusammenfließen“. Die Fusion dieser Eigenschaften
findet sich auch in der Musik Avishai Cohens, beide werden gewissermaßen
in eine kompositorische Form gegossen. Was für Hinely „das
Geometrische und das Poetische“, sind für Cohen “Struktur
und Emotion”: "Es gibt auf dem neuen Trioalbum 'Gently Disturbed'
eine Komposition, die ich bereits für die CD ‘Lyla’ aufgenommen
und damals allein auf Klavier gespielt habe: 'Structure in Emotion'. Das
Stück ist durchkomponiert mit vielen sich wiederholenden Elementen
und sehr strukturiert – es hat beinahe etwas von einem architektonischen
Gebilde: Jede Note, jeder Ton ist genau platziert. Im Grunde hat dies
etwas sehr Mathematisches, ist aber gleichzeitig auch sehr emotional.
Das Mathematische steht im Dienst der Leidenschaft und die Leidenschaft
rechtfertigt die mathematischen Konstrukte."
Der Bandleader, bekannt als einer der führenden Bassisten, ist
– wir haben es gehört - auch ein hörenswerter Pianist.
Als ein solcher fühlt er sich dem Klavierspieler einer Band auf besondere
Weise verbunden und kann sich problemlos in dessen Rolle und musikalisches
Selbstverständnis hineinversetzen. Zudem ist Cohen ein ausgesprochen
perkussiver Bassist, der sein Handwerk u. a. beim Latinjazz-Bassisten
Andy Gonzalez gelernt hat und den Korpus häufig auch mit seinen Händen
als Perkussionsinstrument benutzt – über diese rhythmische
Ebene fühlt er sich wiederum aufs Engste dem Schlagzeuger verbunden.
Stellt man sich seine beiden Triokollegen als das linke und rechte Ende
einer gedachten Kette vor, dann ist der auch optisch zwischen ihnen agierende
Bassist das perfekte Bindeglied.
Diese enge Verbundenheit der Musiker findet ihren kompositorischen Ausdruck
in einer engen Verzahnung. Alle Teile werden miteinander vernetzt, greifen
ineinander – so, wie sein Bassspiel mit dem Spiel seiner Partner
ineinander greift oder wie der erklärte Eklektiker verschiedene musikalische
Traditionen miteinander vernetzt. Logische Konsequenz: Das Trio verlässt
den Pfad traditioneller Form, das Schema ‘Thema-Improvisation-Thema’
bleibt ungenutzt, ersetzt durch eine Struktur, die sich an der Dramaturgie
des Stückes orientiert.
"Die häufige Verwendung von sich wiederholenden Bassfiguren,
von Ostinati, aber auch die Tendenz, Stücke von vorn bis hinten zu
notieren, durchzukomponieren, unterscheidet diese Band von vielen anderen
Jazzbands.* Es ist fast wie in der Kammermusik: Da gibt es eine Idee,
sie wird weiterentwickelt, es entsteht ein Gedankengang, ein Erzählstrang.
Dann folgt ein Solo: Klavier, Bass oder Schlagzeug. In der Kombination
dieser sehr streng durchgeführten Ideen und der darauf folgenden
Interpretationen oder Variationen liegt zu großen Teilen die Kraft,
die Stärke dieser Musik. Ich mag gern von etwas überzeugt werden.
Diese Vamps, sich ständig wiederholende Figuren findet man sonst
eher in Pop und lateinamerikanischer Musik, ich mag dieses Prinzip. Wenn
es anschließend in mehr interpretierende Teile geht, ist dies wie
eine Auflösung der Spannung und gibt dem Hörer etwas, an dem
er sich festhalten kann anstatt musikalisch überall und nirgends
zu sein – denn so verlierst du den Hörer manchmal, das geht
mir selbst nicht anders: Meine Konzentration geht verloren, wenn alles
zu offen ist, ich mag eine gut und deutlich erzählte Geschichte,
um sie anschließend zu interpretieren. "
Eine groovende Kammermusik. Das mag wie ein Widerspruch klingen, ist
aber eben kein wirklicher. Cohen liebt ohnehin die Herausforderung, vermeintlich
Gegensätzliches zusammenzuführen: Dichte und Transparenz, Komplexität
und Eingängigkeit, Melancholie und Leichtigkeit.
" Bei den Konzerten entsteht meistens eine aufbauende, positive
Stimmung, ein bei aller Melancholie auch sehr heiteres leichtes Gefühl.
Ich glaube, es damit zu tun, dass unsere Konzerte dynamisch aufgebaut
sind: Wir vertrauen dem Publikum und seiner Geduld, indem wir mit einer
sehr delikaten, fein gestrickten Kammermusik beginnen. Dann wird die Energie
über den Abend langsam aber sich sicher kontinuierlich aufgebaut
bis zu einem energetischen Höhepunkt am Ende – ob dies nun
ein druckvolles Stück mit einem Schlagzeugsolo ist oder etwas, das
ich singe und das die Leute befreit – nicht von der Spannung, sondern
von der auf Details und Nuancen gerichteten Konzentration, die sie im
Verlaufe eines Konzerts aufgebaut haben."
Die innere Bewegung, die Cohens Musik beim Publikum auslöst, hat
weniger mit der Dynamik und dem Feuer des Auftritts zu tun. Was berührt,
ist eine Einfachheit, die bisweilen selbst in komplexeren Passagen durchschimmert,
und die Ambivalenz der Melancholie. Ein Wayne Shorter würde bei einigen
Cohen-Stücken den Vergleich mit Mona Lisa bemühen, Toots Thielemans
würde vom Zusammenfluss einer „Träne mit einem Lächeln“
sprechen. Das neue Avishai Cohen Trio erhebt diese Ambivalenz gleich zum
Titel seines im Mai erscheinenden Debüts, Gently Disturbed.
Die Musik des Avishai Cohen Trios verleiht eher Kräfte als dass
sie Kraft demonstriert. Das Zur-Schau-Stellen virtuoser Potenz wird weitestgehend
vermieden. Die bei Musikern so beliebte und reichlich abgenutzte Standardfloskel,
die Musik stehe im Vordergrund – hier trifft sie zu.
Der Bassist hat, wie es scheint, seine Idealbesetzung gefunden. Der
Schlagzeuger Mark Guiliana, 28 Jahre alt, gehört bereits seit 2003
zur Band. Neu besetzt ist der Platz am Flügel – und dieser
Platz ist für einen Klavierspieler ein gleichermaßen höchst
dankbarer und undankbarer. Cohen hat als sideman mit stilprägenden
Pianisten gearbeitet, mit Danilo Perez, Brad Mehldau und Chick Corea.
Für seine eigene Band ist seine Wahl nach Jason Lindner und Sam Barsh
auf Shai Maestro gefallen – gerade einmal 20 Jahre jung.
Maestro war mit Cohens Musik vertraut, lange bevor sie sich trafen.
Das erste Mal hatte er ihn an der Seite Coreas in Schweden erlebt –
da war Shai gerade einmal zehn. Cohens Respekt für seinen im doppelten
Sinne “jüngsten” Pianisten findet einen sprachlichen
Ausdruck in zwei Titeln: “Young Maestro”, und “Chutzpan”,
ein hebräisches Wort für jemanden „Besessenen“,
für einen von Natur aus Neugierigen und selbstbewussten Zeitgenossen:
"Der Platz des Pianisten war in meiner Musik schon immer ein sehr
wichtiger. Nicht von ungefähr schreibe ich 96½ Prozent meiner
Musik am Klavier, und das seit vielen Jahren. Ich habe meine Karriere
als Pianist begonnen und fühle mich dem Instrument eng verbunden.
Und Pianisten haben es wahrlich schwer mit mir: Ich bin sehr akribisch
und pingelig, wenn es um das Klavier geht, ich mache es ihnen nicht leicht,
da hört häufig der Spaß für sie auf: Ich weiß
genau, was ich hören will, und da bin ich die ganze Zeit hinterher,
und Shai muss sich von mir immer wieder so einiges anhören und gefallen
lassen!"
Avishai Cohen fühlt sich musikalisch durchaus vielerorts zuhause.
At Home nennt er eines seiner Alben und fügt gerne hinzu, dass er
überall Verbindungslinien aufspüre und dank ihrer Anknüpfungspunkte
finde. Das Credo eines global denkenden und spielenden Musikers mit multikulturellem
Hintergrund. Doch seit 2004 hat der Begriff at home auch eine andere Bedeutung.
Cohen ist nach Israel zurückgekehrt.
"Zunächst einmal wollte ich New York verlassen. Ich liebe
diese Stadt, aber meine Karriere war weit genug gediehen, dass ich es
mir leisten konnte, New York zu verlassen. Aber ich habe auch meine Heimat
vermisst, das Gefühl zuhause zu sein, nahe bei der Familie, die mir
viel bedeutet, bei meinen Eltern, Brüdern und Freunden und im Land,
aus dem ich komme! Ich vermisste die Sonne, das Essen, den Erdboden, bestimmte
Dinge, mit denen du dich identifizierst, selbst wenn sie nicht die besten
in der Welt sind!
Ich habe für mich den Kreisschluss vollzogen, bin zurückgekehrt
und das hat natürlich Einfluss auf mein Schreiben und mich dazu gebracht,
mich noch mehr meinen Wurzeln zu widmen – obwohl ich sagen muss,
dass gerade das Wegsein von zuhause dazu führt, dass du tiefer in
dich hineinschaust. Auch wenn ich nicht nach Israel zurückgekehrt
wäre, wäre dies vielleicht passiert. Aber jetzt dringen und
drängen meinen Wurzeln mehr denn je an die Oberfläche.* Dazu
passt, dass ich neben dem aktuellen Trioalbum auch ein Vokalprojekt abgeschlossen
habe, in dem ich und meine Mutter singen: neue Arrangements, Vertonungen
von Texten, die zum Teil vier-, fünfhundert bis tausend Jahre alt
sind.
Dieser Enthusiasmus, dieses sich so Verbunden-Fühlen mit einfacher
Volksmusik ist für mich wie ein Geschenk. Ich glaube, mein Wesen
fußt darauf, für mich liegt jegliche tiefere Bedeutung von
Musik darin begründet – ob es sich nun um Bach, Mozart und
Rachmaninoff, um Eddie Palmieri, Cameron oder Paco de Lucia handelt. Tiefer
gehende, bedeutsame Momente in der Musik haben immer diese Verbindung
zu den Menschen, sind Momente dieser Menschen, sind das, was von ihnen
ausgeht oder zurückkommt.
Es gibt nicht meine Musik, sie gehört keinem, wenn, dann gehört
sie allen. Und durch die Musik, die ich spiele, habe ich das Gefühl,
Teil des Bodens zu sein, ich fühle mich dem emotionalen Duft der
Musik des einfachen Volkes sehr verbunden. Und wenn Leute in Schweden,
wo wir in letzter Zeit besonders erfolgreich sind, wenn sie mir erzählen,
die Musik würde sie an schwedische Volksmusik erinnern, wo doch Schweden
und Israel kaum etwas gemein haben, dann ist das meine Erklärung:
Wenn du in Kontakt mit dieser Basis stehst, dann ist es überall dasselbe:
es ist die Musik der Menschen!"
Während zu New York-Zeiten dem israelischen Oud-Spieler Amos Hoffman
eine gelegentliche Gastrolle zukam, wird Avishai Cohens Bezug zu den Wurzeln
durch die ständige Präsenz des Landsmannes Shai Maestro noch
intensiviert. Beide leben in Tel Aviv und arbeiten – wenn nicht
gerade auf Tour – täglich zusammen. Die Energie ihrer Musik
mag die Vorstellung nähren, diese Leidenschaft speise sich auch aus
Leiden, aus der kollektiven Leidensfähigkeit eines Landes, in dem
die dauernde Auseinandersetzung mit dem Tod die Lebenslust nur noch steigert,
zu einer dringlichen Gier nach Leben führt:
" Das ist schwer zu sagen, es mag so sein. Aber eines kann ich mit
Sicherheit sagen: Ich bin in einem Elternhaus voller Liebe aufgewachsen,
mit Eltern, die sehr leidenschaftlich sind, mit einer künstlerisch
veranlagten Mutter, die vor positiver Einstellung und Liebe geradezu glüht.
Musik und Natur üben bis heute einen starken Einfluss auf mich aus,
sind Quellen, die mich immer wieder aufbauen. Ich kann mich daran erinnern,
dass ich schon als Kind immer von Natur und Musik begeistert war und von
der Liebe und Zuneigung von Menschen. Ich weiß nicht, woher all
diese Dringlichkeiten kommen, es gibt Dinge, die wir nicht wissen, Dinge,
die ich auch nicht notwendigerweise wissen möchte – ich weiß
nur, dass ich ein sehr leidenschaftlicher Mensch bin und sehr begeisterungsfähig
bin. Da gibt es viel Emotion in mir. Emotionen, für die, so habe
ich herausgefunden, die Musik das Vehikel und das Ventil ist, der Weg,
um meinen inneren Sturm und Drang auszudrücken. Ich bin nur das Gefäß."
|
|
Info
CDs
Interview
Press voices
Press photos
Sound | Listen
Video | Watch
On Tour
>>> Website
>>> MySpace
|