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Dotschy Reinhardt - Pressestimmen

Schleswig-Holsteinische Landeszeitung

11. November 2019

"Dotschy und Ihre Jungs machen schöne Musik,
 ich halte Sie für sehr talentiert . " Coco Schuman

BT online

14. November 2017

Badische Neueste Nachrichten

11. November 2017

Deutschlandfunk Kultur - Spaziergänge mit Prominenten

Mit der Sängerin Dotschy Reinhardt durch Ravensburg

30. Juli 2017

Dotschy Reinhardt ist Sängerin, Autorin und Landesvorsitzende der Sinti und Roma in Berlin, wo sie lebt. Trotzdem kehrt sie regelmäßig in ihre Heimatstadt Ravensburg zurück, besucht ihrer Familie. Diese hat schon etliche berühmte Musiker hervorgebracht.

Als Kind sprach Dotschy Reinhardt nur Romanes, die Sprache der Sinti und Roma. In der Schule wurde sie deswegen oft gehänselt. Vorurteile gehörten zu ihrem Alltag.

Das Z-Wort empfand sie immer als rassistisch. Doch es hat sie auch selbstbewusst gemacht. So kritisiert die Sinteza, dass der Lebensmittelhersteller "Knorr" eine Gewürzmischung Zigeuner-Sauce nennt oder den Berliner Rapper Marteria, der von einem "dreckigen Zigeuner" singt. In ihrer eigenen Musik schafft sie Neues, löst sich vom Klang stereotypen Sinti-Swings und kombiniert Jazz, Bossa Nova, Pop und Singer-Songwriter Elemente.

Die 41-jährige Jazzsängerin lebt heute in Berlin, aufgewachsen ist sie aber in Ravensburg. Dort errichteten die Nationalsozialisten einst ein so genanntes Zigeunerzwangslager für Sinti-Familien.


Der Ummenwinkel, einem Wohngebiet am Rande Ravensburgs, war im Nationalsozialismus ein Zwangslager für Sinti und Roma, bevor sie in Konzentrationslager deportiert wurden. Hier verbrachte Dotschy Reinhardt einen Teil ihrer Kindheit. (Deutschlandradio / Nicolas Hansen)


Trotzdem hat Dotschy Reinhardt bei ihren Großeltern eine behütete Kindheit erlebt und viele schöne Erinnerungen an den Ummenwinkel. (Deutschlandradio / Nicolas Hansen)

Heute gibt es am Marktplatz der oberschwäbischen Kreisstadt ein Denkmal für die in der Nazizeit ermordeten Sinti. Sechzehn Mal steht darauf der Name Reinhardt.


An die deportierten Sinti und Roma erinnert in der Innenstadt Ravensburgs eine Gedenktafel vor der katholischen Kirche Sankt Jodok. 16 Mal steht der Name Reinhardt darauf. (Deutschlandradio / Nicolas Hansen)

Dotschy Reinhardt kehrt gerne nach Ravensburg zurück. Die Stadt bietet ein unzerstörtes Stadtbild, weckt zahlreiche Erinnerungen und machte sie zu dem, was sie heute ist: eine traditions- und selbstbewusste Sinteza und eine kreative Musikerin.


Die Veitsburg hoch über der Stadt, davor der „Mehlsack“, einer der vielen Türme und Wahrzeichen Ravensburgs. (Deutschlandradio / Nicolas Hansen)

taz

9. Februar 2017

"Ich habe mir eine Wut angefressen"

Dotschy Reinhardt ist Musikerin und eine entfernte Verwandte von Django Reinhardt. Der erstarkende Nationalismus von AfD und Co. trieb sie in die Politik.


Beeinflusst von US-amerikanischen Jazz und Bossa Nova: Die Musikerin Dotschy Reinhardt Foto: G.U. Hauth

taz: Frau Reinhardt, zunächst muss ich Sie nach Ihrem Familiennamen fragen. Sind Sie verwandt mit dem Musiker Django?

Dotschy Reinhardt: Ich habe keinen direkten Familienzweig zu ihm, aber wir gehören zur selben Großfamilie. Django Reinhardt war mütterlicherseits ein Reinhardt und väterlicherseits auch ein bisschen. Er war somit ein deutscher Sinto, seine Mutter kam aus dem Elsass. Ich habe auch Verwandtschaft im Elsass. Das ist unser Link.

Nun ist ja eines der vielen Klischees über Sinti und Roma, dass sie so musikalisch sind. Sie sind auch zuerst als Musikerin bekannt geworden. Wie kam das?

Natürlich sind nicht alle Sinti und Roma musikalisch. Das sind auch bei uns Einzelfälle. Solche Klischees sind Trugbilder und haben selten mit der Rea­lität zu tun. Sie lenken im Gegenteil vom harten Leben ab, das Sinti und Roma heute noch haben. Andererseits haben sich bei mir persönlich alle diese Klischees bestätigt: Ich bin musikalisch, liebe die Natur und meine Familie über alles, ich sehe sogar so aus mit den dunklen, langen Haaren! Daher ist der Umgang mit solchen Klischees sehr schwierig für mich, auch für andere Sintizas oder Romnija. Ich will von diesem Schubladendenken weg. Ich möchte mit meiner eigenen Stimme sprechen und singen dürfen. Und nicht irgendwelche Rollenbilder ausfüllen, nur weil es besser für die Verkaufszahlen wäre oder einem Veranstalter besser ins Programm passt.

Sie meinen, manche wünschen sich von Ihnen mehr „typische Gypsy-Musik“? Das kommt ja in Ihrer Musik durchaus vor, aber eben auch Pop und Bossa Nova.

Es gibt ja Bands, die traditionelle Musik wie die von Django oder Schnuckenack Reinhardt nachspielen. Ich finde es gut, dass diese Tradition bewahrt wird. Aber mein Weg war das nicht. Ich bin mit amerikanischem Jazz aufgewachsen und mit brasilianischem, vor allem Bossa nova, habe mich früh mit indischer Musik auseinandergesetzt. Und wollte über diese Grenzen hinaus Musik machen. Das ist meine musikalische Identität, die ich ausleben wollte. Und auch sonst: Ich lasse es mir eben nicht nehmen, mal weite, bunte Röcke zu tragen, die Natur zu lieben und auch mal mit dem Wohnwagen rumzufahren. Aber ich werde mich bestimmt nicht in Zigeunerklischees pressen lassen!

Auf Ihrem Debütalbum singen Sie an einer Stelle auf Sinti-­Romanes: „Es gibt nichts Schöneres, als auf Reisen zu sein / Bei deiner Familie; beim Lagerfeuer zu sein.“ Dann ist das nicht nur ein Klischee, Sie machen das tatsächlich?

Na ja, es sind eher Kindheitserinnerungen. Früher fuhr man wirklich im Sommer raus mit anderen Familien. Wir pachteten Plätze bei Bauern oder hatten bestenfalls einen Campingplatz, der auch Sinti anfahren ließ. Viele Campingplatzbesitzer haben das nicht gemacht und Sinti mit fadenscheinigen Gründen oder auch offen rassistisch abgelehnt. Dennoch: Es war eine wunderschöne Zeit. Für Kinder ist es ja toll, in der Natur und mit anderen Kindern zu spielen. Aber ich habe auch andere Bilder im Kopf: dass wir mal mitten in der Nacht den Platz räumen mussten, weil irgendwelche Neonazis dachten, sie müssten uns verjagen.

Das haben Sie erlebt?

Ja, in Ostdeutschland, bei Rostock irgendwo. Am Tag drauf fuhren wir mit den Wohnwagen auf einer breiteren Straße, und nebenher fuhren wieder die Neonazis und haben mit Steinen geschmissen. Wir Kinder mussten uns bücken in den Autos, um uns zu schützen. Das waren richtig große Steine, sie fuhren vielleicht zwei Kilometer lang neben uns her, bis ihre Steine alle waren. Gott sei Dank ist nichts passiert.

Sie sind in Ravensburg nahe dem Bodensee aufgewachsen. Wie war Ihre Kindheit jenseits der Ferien?

Die Vorschulzeit habe ich oft bei meinen Großeltern verbracht, in Ummenwinkel. Das war im Nationalsozialismus ein sogenanntes Zigeunerzwangslager gewesen: ganz primitive Baracken ohne sanitären Anschluss, ohne Heizung, umzäunt. Die Erwachsenen wurden zur Arbeit gezwungen, permanent gab es Razzien, später wurden viele Familien nach Auschwitz deportiert. Nach dem Krieg sind einige Überlebende in die Siedlung zurückgekehrt.

Und Ihre Eltern?

Mein Vater war Geigen- und Antiquitätenhändler, meine Mutter hat ihm geholfen. Für mich war es wunderbar in Ummenwinkel, ich wusste ja nichts über die grausame Geschichte des Ortes. Es gab viele Tiere, das Kleinvieh meiner Großeltern, ich durfte einen Hund haben.

Haben Ihre Großeltern schon in der Nazizeit dort gelebt?

Mein Großvater ist dort aufgewachsen, er hat das alles als kleiner Junge miterlebt. Meine Großmutter kam in den Nachkriegsjahren dorthin, sie haben in den frühen 50ern geheiratet.

Viele Sinti und Roma erzählen ja ihren Kindern gar nicht, dass sie einer Minderheit angehören, um sie vor Diskriminierung zu schützen. Wie war das bei Ihnen?

Jedes Kind hat ja erst einmal ein normales Ich-Empfinden. Man hinterfragt nicht: Was bin ich? Erst als ich eingeschult wurde, habe ich gemerkt, dass ich anders wahrgenommen werde. Und natürlich hatte ich meine Eigenheiten, die sicher nicht geholfen haben, mich zu integrieren: Ich liebte den Jazz von Kindesbeinen an, und ich war wie eine Puppe angezogen. Meine Mutter hat mir und meiner kleineren Schwester immer tolle, schicke Kleider genäht.

Sie wurden schräg angeschaut in der Schule?

Ja, und ich habe dort auch zum ersten Mal das Wort „Zigeuner“ gehört – und zwar gleich mit dem Zusatz: „Du dreckige Zigeunerin!“ Ich wurde zuerst ganz schön gemobbt. Es war zeitweise eine ziemliche Überwindung, hinzugehen. Zu Hause hatte man mir nie klargemacht, dass ich einer Minderheit angehöre. Man hatte mir nur beigebracht, ein paar Sätze auf Deutsch zu reden.

Sie haben zu Hause Romanes gesprochen?

Ja, und das mache ich bis heute. Meine Schwester war da schon immer offener. Sie war auch besser integriert, weil sie im Kindergarten war und viel besser Deutsch sprach, als sie zur Schule kam. Kinder in den Kindergarten zu schicken kostete Sinti-Eltern damals große Überwindung: Das Misstrauen gegen staatliche Stellen aller Art war nach der Erfahrung des Nationalsozialismus sehr groß.

Auch Ihre Familie hat im Holocaust viele Mitglieder verloren. In Ihrem ersten Buch schreiben Sie, dass diese Geschichte aber – wie in vielen Sinti-Roma-Familien – ein Tabu war.

„Tabu“ ist vielleicht nicht das richtige Wort. Aber meine Großeltern konnten nicht darüber reden. Meine Großmutter hatte miterleben müssen, wie ihre ganze Familie auseinandergerissen und inhaftiert wurde. Sie war ein kleines Kind und musste trotzdem harte Zwangsarbeit leisten. Ihr Vater – mein Urgroßvater – und sein Sohn wurden durch verschiedene Lager geschleppt: Dachau, Sachsenhausen, Neuengamme. In Mauthausen sollte es mit meinem Urgroßvater zu Ende gehen, er war schon in der Gaskammer. Da riss ein SS-Mann die Tür auf und fragte, ob da Musiker seien. Mein Urgroßvater konnte Geige spielen und meldete sich. Man hat ihn rausgeholt, in Kleider gesteckt und auf einer Naziparty spielen lassen. Das war seine Rettung. Sein Sohn hat das KZ leider nicht überlebt.

All dies haben Sie erst später erfahren?

Ja, darüber wurde nie gesprochen, erst recht nicht vor den Kindern. Trotzdem wusste jeder, dass man den „Gadsche“, den Nichtroma, nie trauen kann, vor allem den Behörden nicht. So bin ich aufgewachsen, das hat uns meine Großmutter als Matriarchin – sie war früh verwitwet – immer klargemacht: Da draußen, das ist der Feind! Also bleibt zusammen. Sie war einfach traumatisiert, konnte das nie aufarbeiten.

Wie kamen Sie eigentlich von Ravensburg nach Berlin?

Mein Mann bekam 2003 einen Job als Sänger beim Swing Dance Orchestra von Andrej Hermlin. Ich habe mir dann hier wieder Musikerkontakte gesucht, bin zu Sessions gegangen, habe weiter Songs geschrieben. Aber die Inhalte meiner Lieder waren anderer Art als in Ravensburg, viel politischer. Ich habe den Geist der Stadt irgendwie aufgenommen. Ich habe auch angefangen, als Autorin zu schreiben, zum Beispiel für den Zentralrat der Sinti und Roma. Dann kam dieser Verlag und bot mir Unterstützung an für das Buch über meine Familiengeschichte. Das war toll. Da hatte ich ja viel mehr Platz als in Artikeln und Songtexten. Auch wenn ich anfangs natürlich Angst hatte, das nicht zu schaffen, zumal bei diesem schwierigen Thema. Später kam dann das zweite Buch. Da ging es mehr ums Hier und Jetzt: um das Gypsy-Label und wie es verwendet wird.

Sie meinen „Zigeunerschnitzel“ und so?

Ja, es geht um solch tief verwurzelten Antiziganismus, aber auch um Kapitalisierung und Labeling. Der Begriff „Gypsy“ hat ja ein richtiges Lifestyle-Image bekommen, auch in der Lebensmittelindustrie. Wobei ich es bei der Firma Maggi geschafft habe, dass sie ihre „Zigeuner“-Produkte aus dem Programm genommen hat. Dabei habe ich nur einmal mit der Zentrale in Geislingen telefoniert: Ich wollte nur eine Information. Bei dem Gespräch haben sie aber wohl was kapiert und das von sich aus gemacht. Vorbildlich!

Sie haben in Berlin angefangen, Politik zu machen, sind in die SPD eingetreten. Gab es dafür einen bestimmten Anlass?

Da ging es mir wie vielen: Dieser aufkommende Nationalismus in Europa hat mir Sorge gemacht. Die Gründung der AfD, Pegida, die ganzen Pappnasen – das ging mir so gegen den Strich! Ich habe mir so eine Grundwut angefressen. Und wieder hat das Medium nicht gereicht. Die Liedtexte hatten nicht gereicht, da schrieb ich ­Bücher – jetzt reichten die Bücher nicht mehr, um politisch wirklich etwas zu bewegen. Und da ich wusste, dass mein Urgroßvater, der KZ-Überlebende, der ein großes Vorbild für mich ist, in die SPD eingetreten war, habe ich es ihm gleichgetan. Zwar hatte ich lange eine richtige Abneigung gegen Parteien. Aber inzwischen weiß ich: Demokratie muss ausgefüllt, praktiziert werden, sonst ist sie tot.

Interview: Susanne Memarnia

Digitale Jazz-Zeitung

Samstag, 14. Januar 2012

"Pani Sindhu" Dotschy Reinhardt

Sie ist der jüngste Sproß aus der Familie des Sinti-Klan der Reinhardts, aus dem der geniöse Jazz Gitarrist Django Reinhardt hervorgegangen ist. Dotschy Reinhardt beschäftigt sich seit Jahren mit der Geschichte ihres Volkes, und so entstanden nicht nur das Buch " Gypsy " (Fischer Verlag ) sondern die Alben " Springled Eyes " und " Suni " mit Gypsy Jazz Elementen.

Mit dem neuen Album "Pani Sindhu" geht sie auf die Suche ihrer eigenen Wurzeln und erzählt die Geschichte der Sinti als fahrendes Volk, mit eigener Kultur. Mit dem Pianisten / Arrangeur Christian von Goltz , Alexey Wagner, Lancy Falta ,sowie indischen Musikern hat sie einen neuen Stil der Sinti Musik geschaffen. Eine Mischung aus Indischen Rhythmen, Klängen und Stilen mit Jazz -Gypsy -Swing . Kein belangloser Ethno Jazz sondern sehr authentisch u. neuartig.
Joachim Holzt-Edelhagen

Mandelbaum Verlag

Januar 2012

Dotschy Reinhardt: Pani Sindhu

Wie kaum jemand anders aus dem weit verzweigten Sinti-Klan der Reinhardts, aus dem große Musiker wie Django und Schnuckenack Reinhardt hervorgegangen sind, beschäftigt sich Dotschy Reinhardt seit Jahren intensiv mit der Geschichte ihres Volkes. In ihre beiden ersten Alben Sprinkled Eyes und Suni ließ sie vereinzelt Gypsy-Jazz Elemente einfließen und entdeckte die Sinti-Sprache Romanes für sich. Außerdem schrieb sie ihre Geschichte und die ihrer großen Familie in einem Buch nieder ("Gypsy", Fischer Verlag).

Pani Sindhu ist ein neuer, mutiger Schritt auf ihrer Suche nach den eigenen Wurzeln und ein mutiger Schritt der Musikerin und Künstlerin Dotschy Reinhardt, mit dem sie sich aus allen Erwartungen und Konventionen löst. Vor etwa 1000 Jahren verließen die Sinti ihre Heimat im alten Nordindien, warum, das weiß keiner ganz genau. Hier beginnt die Geschichte der Sinti als fahrendes Volk mit einer eigenen alten Hochkultur, das sich in der ganzen Welt verteilt, aber nirgendwo wirklich heimisch werden kann.

Dotschy Reinhardt erzählt diese Geschichte der verlorenen Heimat und der Flucht noch einmal mit ihrer Musik. Gemeinsam mit Pianist und Arrangeur Christian von der Goltz, alten Wegbegleitern wie Alexey Wagner und Lancy Falta, sowie indischen Musikern hat sie eine neue Sinti-Musik geschaffen, eine Mischung aus indischen Rhythmen, Klängen und Stilen mit Jazz und Gipsy Swing. Diese Mischung klingt keineswegs wie belangloser Ethno-Jazz sondern authentisch, dringlich und völlig neuartig, perfekt in Szene gesetzt vom Berliner Produzenten Guy Sternberg.

Eine erfrischende, neuartige CD voller schöner Melodien, die ans Herz gehen und im Ohr bleiben. Die Künstlerin entführt den Zuhörer in eine eigene, fabelhafte Welt voller Poesie und magischer Songs die man so schnell nicht wieder vergisst. Begleitet von Gitarre, Klavier und Sitar, ist dies ein echtes Meisterwerk.

Folker

Februar 2012

Dotschy Reinhardt - Pani Sindhu

(Galileo Music GMC049/Galileo MC, www.dotschyreinhardt.com)
10 Tracks, 51:51, mit dt. und engl. Infos

Vor sechs Jahren spürte Dotschy Reinhardt mit ihrem Album Sprinkled Eyes gerade ihren Wurzeln in jenem musikalischen Segment nach, das ihr großer Vorfahre mit seinem Jazz-Quintette du Hot Club de France ins Leben gerufen hatte und das seither als „Sinti Swing“ Eingang ins Sortiment des Schallplattenhandels gefunden hatte. Auf ihrem neuen Tonträger dehnt sie ihre Spurensuche auf die Regionen Südostasiens aus, aus denen sich ihre Ahnen einst auf den Weg in den Westen gemacht haben.

Natürlich wird jetzt niemand erwarten, dass uns die gebürtige Ravensburgerin die größten Hits des Fünfstromlandes präsentiert oder in korrekter Ragam-Thanam-Pallavi-Form über „Swinging with Django“ improvisiert. Und doch schafft sie es auf fast magische Weise, die Klangfarben südindischer Musik mit denen von Swingjazz und Flamenco zu vermischen. Nicht zuletzt dank der feinen Arrangements von Christian von der Goltz, einer klugen Mischung aus Eigen- und Fremdkompositionen – John McLaughlin, Ravi Shankar und

andere – sowie einer Vielzahl kompetenter Begleitmusiker wurde aus Dotschy Reinhardts Hommage an ihr Volk und das Land am Indus, Pani Sindhu, ein musikalisches Kleinod.
Walter Bast

MELODIVA

11. Januar 2012

Dotschy Reinhardt - "Pani Sindhu"

CD, 2012, 10 Tracks, Label: Galileo MC

Ähnlich wie sich ein leckerer Geschmack langsam im Mund ausbreitet, bevor er seine volle Note erlangt, offenbart Dotschy Reinhardts dritte CD „Pani Sindhu“ je mehr musikalischen Reichtum, je öfter man sie genießt.

Wie der Titel schon andeutet, begibt sich die Jazzmusikerin und Nachfahrin Django Reinhardts auf eine Reise zu ihren Wurzeln, den Wurzeln der Sinti in Indien: Jazzläufe verschmelzen mühelos mit Tablas, „Mouth-Percussion“ und Sitar-Klängen. Renommierte Jazzmusiker treffen auf Größen der indischen Musikszene in Europa. Über dem fein arrangierten Zusammenspiel mäandert Dotschys träumerisches Vocal zwischen den Klangwelten: sanft und lebendig, nie zu dick aufgetragen, immer berührend.
Angelika Calmez

Sound & Image - Neue Platten

Januar 2012

Dotschy Reinhardt - Pani Singhu

Genre: Jazz
Label: Galileo MC (Galileo MC)
CD , VÖ: 20.01.2012

Dotschy Reinhardt auf Forschungsreise. Die Sängerin aus dem (Django) Reinhardt-Klan sondiert auf „Pani Singhu” intensiv ihre Sinti-Wurzeln und präsentiert diese in jazzigem Umfeld. Es ist die Geschichte der verlorenen Heimat Sindh in Pakistan, die eines fahrenden Volks, das in alle Welt verstreut ist und nun auf verschiedene Weise seine Identität sucht.

Dotschy Reinhard beispielsweise verarbeitet alle von ihr selbst erkundeten Roots in einer sehr tiefgründigen Art mit Hilfe der traditionellen Jazz- und Weltmusik und die Reise führt sie dabei vom indischen Subkontinent über den Iran bis nach Europa. Typisch indische Instrumente wie Tablas und Sitar sowie die dort zu findende Mund-Perkussion stehen gegen Piano, Gitarre, Bass und Drums und werden zu einem spielerischen, zuweilen verträumten Hintergrund, vor dem sich Dotschy Reinhard sicher bewegt. Gesungen wird vor allem in der Sprache der Sinti. Auch wenn dieses Album viele klangliche Verweise auf den Dunstkreis indischer Musiktradition enthält, so ist es in seiner Gesamtheit doch ein klassisches Jazzalbum, das durch die feinfühlige Arbeit seiner Protagonistin zweifelsohne zu einem Highlight wird.

Westzeit

Dotschy Reinhardt - Pani Sindhu

Dass das Volk der Sinti mit indischen Wurzeln nach Europa kam, ist nichts Neues. Neu ist, dass eine junge Sängerin neugierig wurde und sich musikalisch mit diesem Wurzelwerk auseinandersetzt. Ihre Reise in eine weit zurückliegende Vergangenheit fördert – mit zwei Ausnahmen – in eigenen Kompositionen die Tradition, in dem sie den Reichtum der indischen Musik nutzt und in moderne Arrangements verarbeitet.

Beispielhaft verwendet Dotschy Reinhardt ein Stück des Sitarvirtuosen Ravi Shankhar („Prabhujee“), das Cover „Walkabout“ des James-Bond-Komponisten John Barry drückt aus, was die Sängerin über Heimatverlust mitteilen möchte. Es geht nicht nur getragen zu, das beweist der schnelle, reflektierende Song „Panch Bar“ - ein Murmelspiel der Sinti- Kinder. Dotschy Reinhardt erzählt hier die Geschichte einer Kinderfreundschaft und ihrer Trennung.
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Deutschlandradio Kultur

"Es ist einfach Jazz, aber auf meine Art"

Dotschy Reinhardt und ihr Gipsy-Jazz

Von Andrea Kalbe, Deutschlandradio Kultur, 17.11.2006

Sie trägt einen berühmten Namen und gilt als eines der großen Talente des deutschen Jazz: Dotschy Reinhardt, Nachfahrin des legendären Gitarristen Django Reinhardt. Er kreierte den so genannten Gipsy-Jazz. Dotschy Reinhardt hat sich von ihm inspirieren lassen und ihre eigene Version davon geschaffen.

Dotschy Reinhardt

"Es ist Dotschy-Style. Es ist einfach Jazz, aber auf meine Art. Ich kann mich mit jedem Land und jeder Musikrichtung identifizieren, die Elemente hat, die ich in mir trage, und das sind nicht wenige. Das spiegelt meine Musik denke ich wider oder hoffe ich zumindest. Und das ist auch das, was es vielleicht einzigartig macht, diese Mischung aus Gipsy, also meiner Herkunft, aber auch die Liebe zur brasilianischen Musik, zum Jazz, aber auch zum Pop und Singer-Songwritertum."

Dotschy Reinhardt nennt ihre Musik Gipsy-Jazz, genau wie ihr berühmter Verwandter Django Reinhardt. Den Jazz und die traditionelle Spielweise der Sinti kombiniert sie mit modernen Musikstilen. Und im Gegensatz zu Django Reinhardt singt sie zu ihren Kompositionen. Die Lieder der zierlichen Frau mit den langen braunen Haaren und den großen dunklen Augen handeln von der Sehnsucht nach Freiheit. Ihr Gesang ist Ausdruck ihrer Kultur - der Kultur der Sinti.
"Ich hatte eine perfekte Kindheit, weil mir meine Eltern eben auch diese schöne Zeit ermöglicht haben, im Wohnwagen. Als ich noch nicht zur Schule musste, waren wir von März, als der erste Sonnenstrahl rausgekommen ist, also da haben wir gepackt und sind mit unseren Wohnwagen mit mehreren Familien einfach durch Europa gezogen."

Zwar spürt sie als Kind auch Vorurteile, aber:
"Es war eine wundervolle Zeit. Also ich weiß wirklich, dass das Leben schön sein kann, und davon handeln auch sehr viele meiner Texte."

Die heute 31-Jährige ist in Ravensburg geboren und zur Schule gegangen. Die Mutter ist Hausfrau, der Vater Geigenhändler, der auf Reisen Instrumente kauft und verkauft. Die Liebe zur Musik entdeckt Dotschy Reinhardt früh. Schon als Fünfjährige steht sie auf der Bühne.
"Mein Großvater war Prediger, Wanderprediger, der dann auch gesungen hat in der Mission sozusagen. Das war so ein kleines Zelt. Mit diesem Zelt sind die Sinti von Stadt zu Stadt gezogen, um das Evangelium zu predigen. Und da gab es auch musikalische Untermalung. Bis mich dann mein Großvater mit auf die Bühne genommen hat, um im Gottesdienst eben ein Lied zu singen."

Später nimmt sie an Schlagerwettbewerben teil und tritt bei Horst Jankowskis Jazz-Abenden auf, zusammen mit Helmut Zacharias, Bill Ramsey und Caterina Valente. Sie singt Stücke von Cole Porter und ihrer Cousine Kitty Winter.
"Ich war sozusagen die Attraktion, weil ich so klein war und schon Jazz gesungen habe. Ich war damals - ja es war im selben Jahr wie der Schlagerwettbewerb - ich war elf und war dann immer wieder dort eingeladen, weil es so gut beim Publikum ankam. Und das hat Riesenspaß gemacht, und ich wusste richtig, dass ich Sängerin werden wollte."

Schon als Teenager nimmt sie deshalb Gesangs- und Gitarrenunterricht. Später tourt sie durch Clubs und singt auf internationalen Jazz-Festivals. Ihre Lieder singt sie nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Romanes - der Sprache der Sinti und Roma.
"Diese Sprache ist ja auch so toll, weil man sich als Sintiza oder als Sinto weltweit damit verständigen kann, egal aus welchem Land man kommt."

Vor allem aber will Dotschy Reinhardt ihr Publikum neugierig machen, neugierig auf ihre Kultur.
"Also mein Traum wäre es, eine Art Lobby zu haben für Sinti. Wir haben ja leider keine. Und ich finde, wenn man in der Öffentlichkeit steht oder die Chance hat, sich an ein breites Publikum zu wenden, auch ein bisschen die Verpflichtung hat, die Missstände zu ändern, die einfach da sind."

Ihr großes musikalisches Vorbild: Django Reinhardt, der aus derselben Großfamilie stammt wie sie. Die genauen Verwandtschaftsverhältnisse kennt jedoch niemand.
"Die meisten Sinti haben keinen Stammbaum, weil das einfach nicht registriert wurde damals. Wir hatten keinen Wohnsitz, und deshalb kann man das nicht mehr so genau nachvollziehen. Deshalb haben wir Sinti alles in Großfamilien unterteilt."

Vor drei Jahren ist Dotschy Reinhardt von Süddeutschland nach Berlin gezogen - der Liebe wegen. Ihr Mann, der ebenfalls aus einer Sinti-Familie stammt und Sänger ist, hat hier ein festes Engagement bekommen. Sie selbst ist diesen Sommer ins Studio gegangen und hat ihre Debüt-CD aufgenommen: Sprinkled Eyes. Nun will sie richtig durchstarten, plant sogar eine internationale Karriere.
"Für mich wäre der perfekte Zustand, wenn ich gut gebucht wäre, also sprich, ich verschiedene gute Auftritte mit meinem Programm hätte, diese aber mit Wohnwagen bereisen könnte."